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Hessen, hab ich was verpasst?

November 5, 2008

Ich komm erst heute zum Bloggen, aber mein Frust ist deshalb nicht geringer. Ich frage mich wie sich wohl der Hesse fühlen mag.

Aber beginnen wir mal von vorne. Wenn man die politische Landschaft in zwei Hälften spaltet, so sind bei der Hessenwahl fünf „wählbare“ Parteien angetreten, zwei davon im eher rechten Lager (CDU, FDP) und drei im eher linken Lager (SPD, Grüne, Linke). Ob die SPD jetzt noch links ist oder nicht, will ich mal gar nicht thematisieren, aber die Abschaffung von Studiengebühren halte ich für annähernd links 😉

Jetzt versetze ich mich mal in die Lage eines hessischen Studenten, der sich plötzlich mit 1.000.- / Jahr verschulden muss, nur um Bildung zu erlangen. bei 12 Semestern, demnach 6.000.- Miese macht. Das stinkt ihm selbstverständlich. Demnach will ich (in seiner Situation), dass die CDU abtritt, damit die Studiengebühren wieder abgeschafft werden. Denn von den anfänglichen Versprechen, dass sich vieles an der Uni verbessern wird, wurde letztlich bekannt, dass von diesen Geldern keine neuen Materialien sondern Personal bezahlt wurde.  Jetzt wähle ich (also der hessische Student) also die SPD.

Wieviele Menschen hätten wohl die FDP oder die CDU gewählt, wenn Ypsilanti nicht kategorisch eine Linkskoalition abgelehnt hätte? Ich glaube nicht weniger als es so der Fall war, denn bei Wahlen geht es zu großen Teilen um Vorhaben und Parteiprogramme. Die Parallelen zwischen SPD und Linken sind sehr groß – noch größer als die Parallelen scheint aber die Angst vor der Linkspartei zu sein. Deshalb haut die SPD zusammen mit dem Kontrahenten CDU/FDP auf die Linke ein. Man bezeichnet die Linkspartei Hessen als Nachfolgepartei der SED. Wieviele ehemalige SED-Mitglieder werden wohl heute in Hessen (WESTdeutschland) aktiv sein? Nur als kleinen Einwurf, wieviele ehemalige NSDAP-Mitglieder später in der CDU waren, ist bekannt.

Durch das Handeln dieser vier Schwachmaten, wird es nun nicht mehr zu einer linken Koalition kommen. Die große Chance als der Koch-Hitler seine rassistischen Parolen abgelassen hat, sind auch vorbei – und daraus hat er gelernt. Bei einer Neuwahl wird es für eine Schwarz-Gelbe Mehrheit reichen und dann wars das mit der Abschaffung von Studiengebühren und all den anderen Zielen.

Vier Parteimitglieder haben eine Partei absolut unglaubwürdig gemacht und verhindert ihre Programme umzusetzen. Bezeichnend, dass sie allesamt vom rechten Flügel der Partei kommen. Wahrscheinlich hatten sie gar nicht die Interessen die Studiengebühren abzuschaffen.

Aber was erwartet man von einer Partei, die selbst auf Bundesebene eher mit der FDP koalieren will (mit der ein Mindestlohn niemals zu realisieren wäre), als mit der Linkspartei (die sogar einen höheren MIndestlohn haben will). Das zeigt wie sehr die SPD wirklich einen Mindestlohn will – gar nicht! Reiner Populismus… Moment, das ist doch das was man der Linken vorwirft… hmmm muss ich mal noch drüber nachdenken…

Erinnert sich noch wer an den Konflikt vor 25 Jahren als eine neue Partei ins Geschehen eingreifen wollte? „Eine Partei ohne Linie, mit der man nicht zusammenarbeiten kann“, hieß es damals… Das waren damals die Grünen. Zwischenzeitlich hat man sogar Koalitionen auf Bundesebene gemacht… Was soll ich der SPD eigentlich noch glauben?

Die SPD ist mittlerweile ein Haufen ohne Identität, ohne Integrität und ohne klare Linie – fernab vom linken Lager!

Volker Pispers hat schon recht…

4 Kommentare

  1. „Die Parallelen zwischen SPD und Linken sind sehr groß – noch größer als die Parallelen scheint aber die Angst vor der Linkspartei zu sein.“

    Grundsätzlich eine interessante Analyse. Du übersiehst dabei aber, das vor allem auch Personalien wichtiger sind als Parteiprogramme. Zentrale Figur des Wahlkampfes war doch Roland Koch – durch seinen Wahlkampf ist doch die SPD erst so stark geworden und nur seine Personalie hat eine große Koalition verhindert. Insofern glaube ich, das die SPD mit einer weiter offenen Aussage weniger Stimmen bekommen hätte, weil Koch statt rassistisch-populistischem Mist eher den SED-Teufel an die Wand gemalt hätte.


  2. […] Hab mir meinem Unmut auch gerade mal Luft gemacht. Kotzt mich tierisch an, was in Hessen abgeht. Wie sich eine ehemalige Volkspartei selbst verstümmelt: https://lachenundnachdenken.wordpress.com/2008/11/05/hessen-hab-ich-was-verpasst/ […]


  3. Auch eine mögliche Theorie, auf die ich ja auch eingegangen bin. Der Rassistenjoker ist jetzt weg. Ob die SED-Keule wirklcih gezogen worden wäre, möglich. Aber dann hätte man auch einen offenen Diskurs führen können und aufzeigen können wer populistisch ist.

    Wie auch immer – ab Januar sind die Verhältnisse in Hesesn wieder klar… Dann wird wieder die schwarze Flagge gehisst und die hessischen Studenten strömen weiterhin nach Mainz zum kostenfreien Studieren – mir solls recht sein 😉


  4. Interessanter Text. Gut, in meinen Augen muss du mit manchen Begriffen vorsichtiger sein (Schwachmaten, Hitler-Koch), aber von der Grundlinie her, kann ich dir zustimmen.
    Zu der SPD- Polpulismus Sache: Die SPD ist im Vergleich zu Grünen oder Linke sehr groß, was die (aktiven) Mitglieder angeht. Daher gibt es hier, mehr als anderswo Flügel. Es gibt ja schließlich auch Leute in der CDU, die Studiengebühren nicht gut heißen.
    Daher ist es mit der SPD auch schwierig, auch z.B. was Mindeslohn angeht. Dennoch muss man sagen, dass, beschränkt man sich auf das Hauptaugenmerk in deinem text, die Studiengebühren, die SPD und die Linke die Parteien sind, die hier Wort gehalten haben. In Ländern mit deren Regierungsbeteiligung gibt es keine allgemeinen Gebühren.
    In Hamburg sieht es trotz Grünen anders aus.

    Gruß, Andreas (der in Hessen studiert)



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